Pest im Mittelalter --> Neue Theorien

  • Der Rattenfloh ist der Floh der Ratte. Das bedeutet, er befällt die Ratte und nicht den Menschen. Damit ein auf die Ratte spezialisierter Floh einen anderen Wirt überfällt, müssen bestimmte Extrembedingungen erfüllt sein. Die mangelnde Verfügbarkeit aller Wirtstiere der Umgebung, bedingt durch deren Tod, ist so eine Bedingung.


    Albert Camus schrieb in seinem Roman Die Pest :
    „Am Morgen des 16. April trat der Arzt Bernard Rieux aus seiner Wohnung und stolperte mitten auf dem Flur über eine tote Ratte (...) Am selben Abend sah er aus dem Dunkel des Gangs eine dicke Ratte auftauchen, mit feuchtem Fell und unsicherem Gang. Das Tier blieb stehen, schien sein Gleichgewicht zu suchen, wendete sich gegen den Arzt, blieb wieder stehen, drehte sich mit einem leisen Schrei im Kreis und fiel schließlich zu Boden, wobei aus den halb geöffneten Lefzen Blut quoll...“


    Darüber hinaus schrieb jemand in diesem Thread:
    Ein indisches Sprichwort erklärt diese Übertragungskette treffend mit den Worten: Wenn die Ratten zu fallen beginnen, ist es Zeit, das Haus zu verlassen.

  • Hi!


    Zitat: Der Rattenfloh ist der Floh der Ratte. Das bedeutet, er befällt die Ratte und nicht den Menschen. Damit ein auf die Ratte spezialisierter Floh einen anderen Wirt überfällt, müssen bestimmte Extrembedingungen erfüllt sein. Die mangelnde Verfügbarkeit aller Wirtstiere der Umgebung, bedingt durch deren Tod, ist so eine Bedingung.


    Naja, ich hab mir als Mnesch auch schon mal nen Hundefloh von nem quicklebendigen Hund gefangen.


    Ansonsten, weder Camus als Roman-Autor noch die Paraphrase Deines eigenen Postings sind das was ich mit Quelle meinte. Ich meinte einen wissenschaftlichen Aufsatz, der die Behauptung das der Rattenfloh erst dann auf Menschen geht, wenn die letzte Ratte tot ist, unterstuetzt. Auch indische Sprichworte sind kein wissenschaftlicher Aufsatz, sondern halt Sprichworte.


    Vio

  • Zitat:
    Kirstin2 schrieb am 2005-11-30 16:55 :


    damit Ratten die Beulenpest indirekt über den Rattenfloh übertragen können, müssen sie auch selbst an der Beulenpest erkrankt sein. [....]Das heißt, die Ratte, die als indirekter Überträger in Frage kommt, muss nicht nur an der Beulenpest selbst erkrankt sein, sie muss daran sogar gestorben sein und mit ihr alle anderen Ratten der Umgebung. Erst dann sucht sich ein Rattenfloh ein anderes Wirtstier und kann den Erreger übertragen.



    Huhu Kirstin,


    Das ist biologisch gesehen Quatsch....ein Tier (oder Mensch) kann sehr wohl Überträger einer Krankheit sein, ohne jemals selbst daran zu erkranken....und wenn auf einer Ratte zu viele Flöhe entstanden sind, wandern halt einige davon auf der Suche nach neuer Nahrung , also einem neuen Wirt, aus....oder wie erklärst Du Dir sonst, dass die Flöhe, die meine Katze angeschleppt hat, auch mich gebissen haben? Meine Katze lebt jedenfalls noch.......


    LG


    Karin

  • Es ist nun einmal so, dass Flöhe auf ihre Wirte spezialisiert sind.


    Vielleicht waren die Flöhe, die Dich bissen, ja keine Katzenflöhe, sondern Menschenflöhe?


    Und da ich auch nicht zu Dir sage, dass das, was Du schreibst, Quatsch ist, bitte ich Dich, sowas auch nicht bei anderen zu schreiben. Dieser Thread soll sachlich bleiben.

  • Zitat:
    Kirstin2 schrieb am 2005-11-30 17:16 :
    Damit ein auf die Ratte spezialisierter Floh einen anderen Wirt überfällt, müssen bestimmte Extrembedingungen erfüllt sein. Die mangelnde Verfügbarkeit aller Wirtstiere der Umgebung, bedingt durch deren Tod, ist so eine Bedingung.
    [...]


    Hallo Kirstin,


    Es ist alles eine Sache von Angebot und Nachfrage: Wenn nicht mehr genug Nahrung für alle Nachkommen vorhanden ist, wandert ein Teil auf (oder verhüpft sich einfach) und erschliesst sich so entweder neue Nahrungsvorkommen oder geht elend zugrunde.....das ist das Lebensrisiko....
    Flöhe sind zwar wirtsspezifisch, das heisst, sie können dauerhaft nur auf bestimmten Wirtstieren überleben und sich fortpflanzen, aber für ein Häppchen zwischendurch ist auch jedes andere Säugetierblut recht (also im Notfall auch unseres). Nur fortpflanzen können sich Ratten-, Hunde- oder Katzenflöhe auf uns nicht....aber beissen können sie :D... soll ich Dir beim nächsten Befall meiner Freigängerkatzen mal ein paar Eier schicken, dass Du es selber testen kannst? ;)


    Und Vio hat recht: Romanautoren und indische Sprichwörter machen sich als wissenschaftliche Zitate ganz schlecht.....


    LG


    Karin

  • Zitat:
    Kirstin2 schrieb am 2005-11-30 17:30 :
    Es ist nun einmal so, dass Flöhe auf ihre Wirte spezialisiert sind.


    Vielleicht waren die Flöhe, die Dich bissen, ja keine Katzenflöhe, sondern Menschenflöhe?


    Und da ich auch nicht zu Dir sage, dass das, was Du schreibst, Quatsch ist, bitte ich Dich, sowas auch nicht bei anderen zu schreiben. Dieser Thread soll sachlich bleiben.


    Wenn diese Flöhe auf meinen Katzen leben, dort Eier legen und sich vermehren sowie vom TA als Katzenflöhe identifiziert werden, werden es wohl schon Katzenflöhe sein, immerhin war die Sache erledigt, nachdem ausschließlich die katzen entfloht waren....soviel zu dieser Theorie...


    Es tut mir leid, wenn Du Dich angegriffen fühlst, wenn ich schreibe, dass Deine Argumentation Quatsch ist. Ich nehme hiermit mein Quatsch zurück und ändere es in absolut falsch ....


    LG


    Karin

  • Eine Quelle hatte ich Euch bereits genannt.


    Eine weitere habe ich nun herausgesucht:

    **Link entfernt, da veraltet**


    Albert Camus beschreibt den Ansteckungsweg über den Rattenfloh in seinem Roman sehr treffend. Deshalb wird er oft zitiert. Sicher hat er mit seinem Roman, für den er den Literatur-Nobelpreis erhielt, auch viel für die Verbreitung der für die Ratte tragischen Pest-These getan.


    Der Menschenfloh ist übrigends keineswegs ausgestorben.

  • Scusi,


    aber ein Roman ist ein Roman ist ein Roman ist keine wissenschaftliche Quelle. Egal wie haeufig er zitiert wird.Und durch ein trotziges ist aber so wird aus einer Behauptung auch noch lange kein Fakt. Mit dem Welt-Artikel kann man schon ein wenig mehr anfangen, wobei hierin als die Grundvorraussetzung ein enges Zusammenleben der Ratten mit den Menschen genannt wird, nicht die irrsinnige Behauptung, dass die Ratte zuerst an der Pest gestorben sein muesste bevor sich der Floh einen neuen Wirt sucht.


    Die Einzige die hier unsachlich diskutiert bist Du.


    Vio

  • Hallo,
    also, dann werd ich mal in meinem Gedächnis kramen *g*
    der Rattenfloh sucht sich auch andere Wirte, wenn er die Möglichkeit dazu hat.
    In mehreren fundierten Augenzeugenberichten des Mittelalters wird durchaus von einem Massensterben der Ratten ( so etwa in Florenz und Venedig ) gesprochen. Und nicht nur Ratten starben an der pest, sondern auch andere Tiere, wie Hunde.
    Die Verbreitung des Rattenflohes und der Ratte hängt immer noch dicht mit den Handelswegen der damaligen Zeit zusammen. https://de.wikipedia.org/wiki/Pest
    Ich habe die Sendung damals auch gesehen, bin aber von diesen Thesen und Theorien noch nicht überzeugt. Denn: die Pest besitzt als Seuche doch einige unverkennbare Kennzeichen, die man auch in Indien der 1990er Jahre gefunden hat. Auch dort starben die Ratten während, vor und mit dieser Pestepedemie. Desweiteren ist die Pest eine Krankheit, die man in verschiedene Krankheiten aufteilen kann. Es gab ja nicht nur die Beulenpest, sondern auch die Lungenpest, die septische Pest und die Aportive Pest. Diese zu unterscheiden fanden die Menschen im Mittelalter mit Sicherheit schwierig, wenn nicht sogar unmöglich.
    Fakt ist: in den Wintermonaten, wenn die Flöhe teilweise in Kältestarre verfielen, war die Pest weitestgehend ruhig gestellt. Aber, sobald es wieder wärmer wurde, die Tiere aktiver, kam es zu einer Vermehrungsexplosion und damit auch wieder zum Aufflackern der Krankheit.


    Ich bin zur Zeit leider sehr in Eile, kann aber später am Abend mehr dazu schreiben.


    lg
    paty

  • Hi,
    nur ganz kurz und auf die schnelle:
    Zitat:
    Die Frage, welche weiteren Floharten neben dem Rattenfloh an der Übertragung der Pest beteiligt sind, wurde seit den 1950er Jahren unter Naturwissenschaftlern und Medizinhistorikern kontrovers diskutiert. Mittlerweile besteht Übereinstimmung, dass etwa 30 Floharten sich als Überträger der Pestbakterien eignen, darunter auch der Menschenfloh (Pulex irritans). Das Pestbakterium kann darüber hinaus längere Zeit auch ohne tierischen Wirt überleben – beispielsweise in Erde, im Staub, im Kot oder in Tierkadavern – und von dort aus Krankheitsopfer infizieren.



    Quelle Wikkepedia


    greets
    paty

  • Auszug aus der von mir angegebenen Quelle:


    Das Pestbakterium Yersinia ist ein Krankheitserreger der Nagetiere. Seine Übertragung von einem Individuum zum anderen erfolgt über Blut saugende Flöhe. Infizierte Ratten sterben schon nach wenigen Tagen. Die Flöhe verlassen den Kadaver, gehen auf das nächste Tier und dezimieren so sehr schnell eine Rattenpopulation. Erst wenn ihre bevorzugten Wirte selten geworden sind, suchen sich die eigentlich auf Ratten spezialisierten Blutsauger als Opfer andere Warmblüter - oder den Menschen. Ein enges räumliches Zusammenleben von Ratten und Menschen ist Grundvoraussetzung für die Entstehung einer Pestepidemie. Die Infektionskette Ratte-Floh-Mensch passt aber nicht zum Ausbreitungsmuster der Seuche von 1347 bis 1351, glauben Scott und Duncan. Der Schwarze Tod überquerte die Alpen und grassierte in Nordeuropa bei Temperaturen, die für das Überleben der Flöhe zu niedrig sind. Außerdem überwand er die Strecke Paris-Marseille mit einer Geschwindigkeit von vier Kilometern pro Tag - zu schnell für Ratten. In Europa flackerte die Seuche, die nach der etablierten Theorie über die Seidenstraße aus China kam, nach 1351 mehr als 300 Jahre lang sporadisch immer wieder an den verschiedensten Orten auf. Voraussetzung für diese zeitlich und räumlich begrenzten Epidemien wäre, dass der Erreger Yersinia in irgendeinem Nagetier ein festes Zuhause findet, ein Reservoir, in dem er sich unauffällig Jahre und jahrzehntelang halten kann, ohne dass die infizierten Tiere sterben. Aber einen solchen Nager gibt es in Europa nicht; Yersinia bringt sie alle um - und stirbt dann zwangsläufig selbst aus. Die Inkubationszeit der Beulenpest beträgt höchstens eine Woche. Doch die Seuchenwellen in den mittelalterlichen Städten hatten Inkubationszeiten von 20 bis 30 Tagen, was eher typisch für Viren wie den Erreger des Lassa-Fiebers ist.

  • Huhu,


    Ich kann es mir auch sehr gut vorstellen, dass diese Pest epedemien durch ein Virus ausgelöst wurden, ich hatte nur das Problem mit Kirstens Argumentation. Aber an der Theorie könnte was dran sein, allerdings nicht wegen der haarsträubenden der Rattenfloh würde nie auf einen Menschen gehen, wenn die Rattte noch lebt -Theorie, sondern wegen der schlagartigen Ausbreitung.
    Auch Patys Argument mit der Kältestarre lässt nicht zwangsläufig darauf schliessen, dass es genau bdas Pest-Bakterium war, das verbreitet wurde. Auch Wildtiere laufen im Winter seltener weite Strecken und verenden auch schneller, wenn sie erkrankt sind, und unterbrechchen so die Infektionskette....auch bei Viralen Infektionen.
    Ich bezweifle auch, dass die Menschen im MA Krankheiten so exakt diagnostizieren konnten. Also wurde einfach der Erreger, der diese Symptome auslöst, die bei der Pest beschrieben wurden, Yersinia pestis genannt, auch wenn es eventuell ein ganz anderer Erreger war.
    Die verscheidenen Erscheinungsformen der Pest kommen vermutlich eher daher zustande, wie der Erreger in den Körper gelangt (Einatmen=Lungenpest, Essen=abortivePest, über Wunden=septische Pest), aber da bin ich in der Materie nicht firm genug, muss ich erst noch mehr Infos einholen ;).


    LG


    Karin

  • Zitat:
    Kirstin2 schrieb am 2005-11-30 18:20 :
    Die Flöhe verlassen den Kadaver, gehen auf das nächste Tier und dezimieren so sehr schnell eine Rattenpopulation. Erst wenn ihre bevorzugten Wirte selten geworden sind, suchen sich die eigentlich auf Ratten spezialisierten Blutsauger als Opfer andere Warmblüter - oder den Menschen.


    Klar, wenn der Wirt tot ist, verlassen die Flöhe den Wirt auch, aber nur wegen dem Nahrungsmangel.....
    Du hast allerdings so argumentiert, dass ein Rattenfloh grundsätzlich erst die Ratte verlässt, wenn sie tot ist, und nur dann...was aber die wirtsspezifischen Tiere nachgewiesenermassen auch ohne den Tod des Wirtstieres tun.....also eine Argumentation á la Der Pudel ist ein Hund, also sind alle Hunde Pudel ....


    LG


    Karin

  • Hallo Paty,


    es gibt aber noch mehr Argumente, die gegen den Zusammenhang Schwarzer Tod und Pest sprechen.


    - die Wanderratte war damals in Europa nur wenig verbreitet, in etlichen Gebieten überhaupt nicht vorkommend
    - die Wissenschaftlicher sind nie von einer Übertragung von Mensch zu Mensch ausgegangen, sonst hätte es des Konstruktes über den Rattenfloh nicht bedurft, die Übertragung über die Lungenpest ist nur eine theoretische Übertragungsmöglichkeit, da derartige Personen, wenn sie ansteckend sind, bereits deutlich erkrankt sein müssen
    - die damals beschriebenen Symptome stimmen nicht mit den Symptomen der Beulenpest überein (auch nicht mit denen der Lungenpest)
    - die Beulenpest ist nur schwer übertragbar, der Schwarze Tod verbreitete sich jedoch von Straßenzug zu Straßenzug und von Stadt zu Stadt, also in Windeseile
    - in den alten Berichten wird nicht über viele tote Ratten im Zusammenhang mit Todesfällen berichtet, das wäre aber Voraussetzung für einen Zusammenhang Ratte-Rattenfloh-Pest-Schwarzer Tod gewesen.


    Die Beulenpest hat es im Mittelalter tatsächlich gegeben. Auch in Indien kam sie immer mal vor. Der Name Beulenpest war damals schon bekannt. Die Menschen im Mittelalter gaben dem rätselhaften Sterben aber den Namen Schwarzer Tod (und nicht Beulenpest).


    Der Menschenfloh kann die Beulenpest theoretisch auch übertragen. Da ihm aber der Vormagen des Rattenflohs fehlt, ist eine solche Übertragung wenig wahrscheinlich.


    Was spricht denn dafür, dass die Beulenpest die Ursache des Schwarzen Todes im Mittelalter war?


    Viele Grüße
    Kirstin

  • MoinseN


    Zitat: Die Flöhe verlassen den Kadaver, gehen auf das nächste Tier und dezimieren so sehr schnell eine Rattenpopulation. Erst wenn ihre bevorzugten Wirte selten geworden sind, suchen sich die eigentlich auf Ratten spezialisierten Blutsauger als Opfer andere Warmblüter - oder den Menschen. Ein enges räumliches Zusammenleben von Ratten und Menschen ist Grundvoraussetzung für die Entstehung einer Pestepidemie.


    Womit die These gestützt würde, dass auch Bekämpfungsaktionen, die zu einer Reduzierung der Rattenpopulation geführt haben, Auslöser für den Wirtswechsel gewesen sein könnten und der Erreger damit in den Menschen gelangt ist.


    Zitat: Die Infektionskette Ratte-Floh-Mensch passt aber nicht zum Ausbreitungsmuster der Seuche von 1347 bis 1351, glauben Scott und Duncan.


    Dreh- und Angelpunkt.
    Sie glauben - und *glauben* heißt *nicht wissen*
    Es handelt sich um einer These - und eine fragwürdige dazu, denn:


    Zitat: Der Schwarze Tod überquerte die Alpen und grassierte in Nordeuropa bei Temperaturen, die für das Überleben der Flöhe zu niedrig sind. Außerdem überwand er die Strecke Paris-Marseille mit einer Geschwindigkeit von vier Kilometern pro Tag - zu schnell für Ratten.


    Wieso sollen die Ratten zu Fuß gegangen sein?
    Die Römer haben via Karren und Schiff in Windeseile die Maus durch ganz Europa geschleppt - und auch im Mittelalter gab es Binnenschifffahrt und Transporte mit Karren. In der Fracht - und am Körper der Ratten - haben es Flöhe bestimmt warm genug und schneller als 4 km/t sind sie dann auch.
    Außerdem darf man nicht vergessen, dass Pest im Ort ungeahnten Bewegungsdrang in den Menschen ausgelöst hat. So haben bereits Infizierte vor Ausbruch der Krankheit auf Teiletappen mit mindestens 5 km/h den Schnitt noch gehoben.


    Zitat: In Europa flackerte die Seuche, die nach der etablierten Theorie über die Seidenstraße aus China kam, nach 1351 mehr als 300 Jahre lang sporadisch immer wieder an den verschiedensten Orten auf. Voraussetzung für diese zeitlich und räumlich begrenzten Epidemien wäre, dass der Erreger Yersinia in irgendeinem Nagetier ein festes Zuhause findet, ein Reservoir, in dem er sich unauffällig Jahre und jahrzehntelang halten kann, ohne dass die infizierten Tiere sterben.


    Wie oben schon erläutert und verlinkt, kann das Pest-Bakterium in eine Form der Inaktivität fallen und so sehr lange Zeiträume überdauern. Bei der Pest hab ich keine entsprechenden Zahlen, andere Bakterien überdauern aber problemlos Jahrtausende...
    ...und widrigste Bedingungen.
    Man geht davon aus, dass einige selbst im Weltraum überlebensfähig bleiben.


    Zitat: Aber einen solchen Nager gibt es in Europa nicht; Yersinia bringt sie alle um - und stirbt dann zwangsläufig selbst aus .


    Wie gesagt: falsch. Häuser von Pesttoten wurden nicht selten angezündet - sofern das möglich war, ohne die Nachbarhäuser, bzw die halbe Stadt abzufackeln. Der Grund war die Sporenform der Pest - noch Jahre nach dem Tod der Bewohner bestand Ansteckungsgefahr.
    Man denke z.B. an einige Schottische Inseln, auf denen GB noch vor dem letzten Krieg Versuche mit Milzbrandbakterien angestellt hat - die sind heute noch strengstes Sperrgebiet...
    ...und das nicht ohne Grund.


    Zitat:
    Die Inkubationszeit der Beulenpest beträgt höchstens eine Woche. Doch die Seuchenwellen in den mittelalterlichen Städten hatten Inkubationszeiten von 20 bis 30 Tagen, was eher typisch für Viren wie den Erreger des Lassa-Fiebers ist.


    Wir reden von einer Zeit, in der die Holländer das anerkannt reinlichste Volk der Welt waren (eine Scheibe übrigens...). Das deshalb, weil jeder Holländer per Gesetzt zwei mal in seinem Leben gebadet hat. Einmal nach der Geburt und einmal nach dem Tod. Eine Zeit, deren Geschichtsschreibung so zuverlässig war, dass sich in Forscherkreisen hartnäckig die Theorie hält, dass möglicherweise seit Christi Geburt nur 1000 Jahre vergangen sind und die anderen 1000 Jahre durch Mißverständnisse, Fehler und vorsätzliche Fälschungen der Geschichtsschreiber zustande gekommen sind.
    Man nennt das auch das *finstere Mittelalter*.
    Exakte Angaben, wann da wo tatsächlich was grassiert hat, halte ich für ziemlich fragwürdig....
    ...und ich gehe davon aus, dass - unter den damaligen hygienischen Verhältnissen und beim damaligen Wissenstand (Zitat *Gänse wachsen an Büschen*!) - vom Fußpilz über Ebola, Hanta, Lasser, Marburg und Haumichtot, bis hin zur rotgeränderten Schriemelsucht so ziemlich alles den Charakter einer Epidemie annehmen konnte und angenommen hat.
    Warum also nicht auch einmal eine Virusinfektion, die Millionen dahinrafft?


    Zitat: Was spricht denn dafür, dass die Beulenpest die Ursache des Schwarzen Todes im Mittelalter war?


    Schon ganz einfach die Tatsache, dass man die Krankheit nach den Symptomen benannt hat.
    Die Leute bekamen Beulen und starben. Beulenpest
    Weiterhin die Tatsache, dass man heute weiß, dass aus der Beulenpest - nur durch den geänderten Übertragungsweg - eine äußerlich völlig andere Krankheit werden kann. Möglicherweise war das mit dem schwarzen Tod gemeint.


    Auch wenn es uns nicht passen mag. Die Wanderratte - so wichtig sie in ihrer natürlichen Umgebung ist - wird immer dann zum Problem, wenn der Mensch eingreift. Sei es durch Landwirtschaft, durch Vorratshaltung, durch urbane Lebensräume oder durch Transport.
    Dann überträgt sie u.U. Krankheiten und vernichtet Vorräte.


    Ob sie jetzt an 29% aller Epidemien, an 4 oder 99% beteiligt war, halte ich für unerheblich und beim gegenwärtigen Stand der Forschung/ Wissenschaft für nicht beweisbar...
    ...und auch nicht für so wichtig.



    GreetZ
    Vlad

  • Hallo Vlad,


    wenn Du das ganze für nicht so wichtig hältst, warum schreibst Du dann so lange Kommentare?


    Ich halte das Thema für wichtig und möchte deshalb Deinen Beitrag so nicht stehen lassen.


    Das in dem Artikel, zu dem ich einen Link in den Thread stellte, glauben die Wissenschaftler Scott und Duncan steht, ist darauf zurückzuführen, dass ein Journalist diesen Artikel verfasste und der hat statt des Wortes wissen das Wort glauben gewählt.


    Das der Schwarze Tod sich damals in einer Geschwindigkeit von 4 km/Tag ausbreitete und eine Pestinfektion so schnell nicht voranschreiten kann, hat nichts damit zu tun, dass die Ratte nicht so flink zu Fuß ist, sondern damit, dass für eine Pestinfektion beim Menschen über den Rattenfloh erst eine ganze Reihe von Ereignissen ausgelöst werden müssen (Einschleppung des Erregers über eine zugewanderte Ratte - Infektion der Ratten der Umgebung - Aussterben der Ratten der Umgebung (Massensterben, Fehlen der eigentlichen Wirtstiere) - Übergang des Rattenflohs auf den Menschen, nicht nur auf einen Menschen, sondern auf viele, da die Krankheit von Mensch zu Mensch kaum übertragbar) und das ist kaum vorstellbar in so kurzer Zeit.


    Pest-Bakterien sind nicht mit Milzbrand-Erregern vergleichbar. Sie überdauern keineswegs so lange Zeiträume. Sporen kenne ich nur von Pilzen.


    Wenn eine Inkubationszeit lange andauert, kann bei bestimmten Erregern (nicht allen) ein Infizierter in dieser Zeit auch viele andere anstecken. In der Inkubationszeit ist der Betroffene noch nicht sichtbar krank. Die Inkubationszeit hat beim Schwarzen Tod gemäß Auswertung der vorliegenden Daten ca. 20 bis 30 Tage gedauert (daher auch die schnelle Ausbreitung), die Inkubationszeit bei der Beulenpest ist aber viel kürzer. Darüber hinaus ist die Ansteckung mit der Beulenpest von Mensch zu Mensch sehr schwierig, eine theoretische Möglichkeit gibt es nur bei der Lungenpest, zu einem Zeitpunkt also, an dem die Krankheit bereits für andere deutlich sichtbar ist.


    Das Problem ist doch, dass die Menschen die Beulenpest damals kannten, sie nannten das, woran sie dann aber periodisch im Mittelalter in großen Zahlen starben, nicht Beulenpest, sondern den Schwarzen Tod. Dass die Ursache des Schwarzen Todes die Beulenpest sein sollte, wurde erst viele Jahrhunderte später von einem indischen Forscher behauptet, nicht von den Menschen damals.


    Viele Grüße
    Kirstin

  • Moinsen Kirstin!


    Zitat: Sporen kenne ich nur von Pilzen.
    Dann laß Dir helfen: https://de.wikipedia.org/wiki/Spore


    Bei der Pest ist der Fall übrigens anders gelagert - die bildet keine Sporen, ist aber sehr widerstandsfähig:


    Zitat: Das Bakterium Yersinia pestis stellt den Erreger der Pest dar und ist entsprechend eines der weltweit am meisten gefürchteten Bakterien überhaupt. Es handelt sich dabei um ein unbewegliches Stäbchen ohne Geißel und ohne Sporenbildung. Das Bakterium ist jedoch auch ohne Sporen monatelang lebensfähig in Speichel, Kot und Eiter sowie eingetrocknet in Parasiten wie dem Rattenfloh oder an den Wänden von Wohnhöhlen verschiedener Nagetiere (beispielsweise Ratten)


    **Link entfernt, da veraltet** Quelle


    Die Sache mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit.


    Warum muß ein Rattenfloh erst überprüfen, ob in der ganzen Stadt keine Ratte mehr zur Verfügung ist?
    Wirt stirbt, Floh schiebt Kohldampf und beißt den nächstbesten Menschen.


    Warum muß ein Mensch erst durch die ganze Inkubationszeit, bevor die Pest weiterwandern darf?
    Floh infiziert Mensch - Mensch zieht am nächsten Tag los in die nächste Stadt.
    Kommt an, legt sich hin und bekommt Beulen.


    Wieso ist die Ansteckung mit der Beulenpest von Mensch zu Mensch sehr schwierig?
    Ein Floh legt am Tag ca 50 Eier - geschlüpft wird nach 2 - 14 Tagen. Ein Pestkranker kann sich nicht kratzen, gibt also einen guten Wirt ab und ermöglicht starke Vermehrung.
    Ist er dann tot, haben hunderte, wenn nicht tausende infizierter Flöhe ein Problem und suchen nach Ratten....
    ...oder notfalls anderen Menschen.


    Überträger können im Übrigen anscheinend auch Menschenflöhe sein ( https://de.wikipedia.org/wiki/Menschenfloh )...


    Zitat: Die Inkubationszeit hat beim Schwarzen Tod gemäß Auswertung der vorliegenden Daten ca. 20 bis 30 Tage gedauert


    Das interessiert mich allerdings brennend: wie will man das - im Abstand von 650 Jahren - beweisen?!?


    GreetZ
    Vlad

  • Hallo!


    Zitat: Kirstin2 schrieb am 2005-12-02 12:26 :


    Das Problem ist doch, dass die Menschen die Beulenpest damals kannten, sie nannten das, woran sie dann aber periodisch im Mittelalter in großen Zahlen starben, nicht Beulenpest, sondern den Schwarzen Tod. Dass die Ursache des Schwarzen Todes die Beulenpest sein sollte, wurde erst viele Jahrhunderte später von einem indischen Forscher behauptet, nicht von den Menschen damals.


    Ich wollte weiter oben schon Igelbaby zustimmen bezüglich des Quatschs . Also, wirklich gut recherchiert ist das, was du vorbringst, echt nicht.


    Die beliebte Wikipedia gibt Folgendes her:


    Zitat: Mit der Bezeichnung „Schwarzer Tod“ wird heutzutage die große Pestpandemie bezeichnet, an der im 14. Jahrhundert große Teile der europäischen Bevölkerung starben. Im Mittelalter wurde diese Bezeichnung nicht verwendet – man sprach vom „großen Sterben“ oder der „großen Pestilenz“. Dänische und schwedische Chronisten des 16. Jahrhunderts verwendeten die Bezeichnung „schwarz“ erstmals als Bezeichnung für den Ausbruch der Pest 1347, um das Furchtbare und Schreckliche dieser Seuche zu betonen (schwarz wurde also nicht im Sinne einer Farbe verwendet).


    Der deutsche Arzt J. F. K. Hecker griff 1832 diese Bezeichnung wieder auf. Unter dem Eindruck der gerade grassierenden Choleraepidemie fand sein Artikel Der schwarze Tod über die Pestepidemie 1347–1353 große Beachtung; er wurde 1833 ins Englische übersetzt und in den Folgejahren mehrfach neu gedruckt. Die Begriffe „Black Death“ bzw. „Schwarzer Tod“ bürgerten sich damit vor allem im englisch- und deutschsprachigen Raum als Bezeichnung für die Pestepidemie des 14. Jahrhunderts ein. Dennoch handelt es sich dabei um eine Begriffsverwechslung. Pestis atra bedeutet schrecklicher Tod und nicht schwarzer Tod .


    Deine Aussage stimmt demnach nicht, seinerzeit wurde der Begriff schwarzer Tod gar nicht verwendet.


    Tschüß
    Ingo

  • Hallo,


    ich verfolge das hier mit Interesse (vielleicht, weils in OT selten so fundierte Diskussionen gibt :)). Da ich selber nicht rumforsche (das überlass ich denen, die das richtig gut machen ;)), kann ich zur Sache nichts beitragen.


    Allerdings stößt mir eine Formulierung in Kirstin2's letztem Posting auf:


    Zitat: Dass in dem Artikel, zu dem ich einen Link in den Thread stellte, glauben die Wissenschaftler Scott und Duncan steht, ist darauf zurückzuführen, dass ein Journalist diesen Artikel verfasste und der hat statt des Wortes wissen das Wort glauben gewählt.


    Ich meine, vielleicht hat er das Wort glauben ja absichtlich verwendet, nicht nur deshalb, weil er statt des einen das andere Wort gewählt hat? Es liegt ja doch ein merklicher Unterschied in beiden Wörtern, nicht wahr? Sollte man dem Journalisten nicht etwa zugestehen, dass er seine Worte mit Bedacht gewählt hat, daher absichtlich glauben und nicht wissen geschrieben hat?
    Konkret: Diese Auslegung (Journalist hat halt glauben statt wissen gewählt) deine Interpretation oder hast du ihn gefragt?


    Grüße
    Meggy

  • Zitat:
    Kirstin2 schrieb am 2005-12-02 12:26 :
    ...,dass für eine Pestinfektion beim Menschen über den Rattenfloh erst eine ganze Reihe von Ereignissen ausgelöst werden müssen (Einschleppung des Erregers über eine zugewanderte Ratte - Infektion der Ratten der Umgebung - Aussterben der Ratten der Umgebung (Massensterben, Fehlen der eigentlichen Wirtstiere) - Übergang des Rattenflohs auf den Menschen, nicht nur auf einen Menschen, sondern auf viele, da die Krankheit von Mensch zu Mensch kaum übertragbar) und das ist kaum vorstellbar in so kurzer Zeit.


    Hallo Kirstin,


    ist ja ganz nett, dass du das immernoch behauptest, aber hast du inzwischen mal eine wissenschaftliche Quelle dafür, dass die Rattenflöhe nicht auch schon vorher auf den Menschen gehen, bevor alle Ratten tot sind?
    Nur weil sie Ratten flöhe heißen, ist mir etwas schwach... die rote Vogelmilbe beispielsweise heisst auch Vogelmilbe und geht trotzdem sogar recht gerne auf Menschen und es gibt hier ja auch einige, die schon mit anderen netten Viechern Kontakt haben dürften.
    Das Gegenteil wissenschaftlich zu beweisen, dürfte also eher einfacher sein, oder?


    Dazu mal das beliebte Wikipedia *grins*:
    Zitat: Als Wirt dienen dem blutsaugenden Rattenfloh verschiedene Nagetiere, darunter auch die weit verbreiteten Wanderratten und die Hausratten sowie der Mensch. Die Ursprungswirte sind jedoch offensichtlich die in Ägypten beheimateten Nilgrasratten, von denen der Floh auf die Hausratten gewechselt haben soll.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Rattenfloh Quelle Hervorhebung von mir.



    Grüße
    Ly

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